Gemeinsame Entwicklung von Supraleitenden Quantenprozessoren und Quantenschaltkreisen: Zusammenarbeit zwischen dem Halbleiterlabor der Max-Planck-Gesellschaft, der Technischen Universität München und dem Walther-Meißner-Institut der Bayerischen Akademie der Wissenschaften im Rahmen des Munich Quantum Valley besiegelt.
Abbildung 1 – Kryostat zum Betrieb von supraleitenden Quantenprozessoren bei tiefen Temperaturen.
Mikka Stampa / MQV
Abbildung 1 – Kryostat zum Betrieb von supraleitenden Quantenprozessoren bei tiefen Temperaturen.
Mikka Stampa / MQV
Garching, den 16.10.2024 – Das Halbleiterlabor der Max-Planck-Gesellschaft (HLL), die Technische Universität München (TUM) und das Walther-Meißner-Institut (WMI) der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (BAdW) haben eine richtungsweisende Kooperation zur gemeinsamen Entwicklung von supraleitenden Quantenbits, kurz Qubits, und darauf basierende Quantenprozessoren vereinbart. Die im Rahmen des Munich Quantum Valley (MQV) entstandene Zusammenarbeit markiert einen bedeutenden Schritt in der Erforschung und Weiterentwicklung von Quantentechnologien. Die Partnerschaft zielt darauf ab, supraleitende Qubits als Schlüsselkomponenten für zukünftige Quantencomputer zu entwickeln. Dafür stellt der zeitgleich eröffnete hochmoderne Reinraum des HLLs eine ideale Umgebung dar und wird in Zukunft die Herstellung von Qubits mit höchster Qualität auf internationalem Spitzenniveau ermöglichen. Die Entwicklung von fortgeschrittener Integrationstechnologie bildet zudem die Grundlage für die Realisierung von skalierbaren Quantencomputersystemen. Diese bahnbrechende Technologie hat das Potenzial, eine Vielzahl von wissenschaftlichen Disziplinen zu revolutionieren, von der Materialforschung über Hochenergiephysik bis hin zu Kryptographie und der Simulation chemischer Reaktionen.
Durch die gebündelte Expertise der drei Forschungseinrichtungen wird diese Kooperation die Entwicklung von Quantencomputern auf ein neues Niveau heben. Das Halbleiterlabor der Max-Planck-Gesellschaft bringt seine herausragenden Kompetenzen in der Entwicklung von Sensoren und fortschrittlichen Halbleitertechnologien ein. Die Technische Universität München trägt mit ihrer am Lehrstuhl für Technische Physik vorhandene Expertise in der Charakterisierung und Kontrolle von Quantensystemen bei, während das Walther-Meißner-Institut als renommiertes Forschungszentrum für Tieftemperaturphysik sein Knowhow in der Fabrikation von supraleitenden Bauteilen beisteuert. Als Beitrag zu dieser Kooperation stellt das Halbleiterlabor Teile seiner hochmodernen Reinrauminfrastruktur zur Verfügung, die für die Herstellung und Bearbeitung der sensiblen supraleitenden Schaltkreise unerlässlich sind. Das Walther-Meißner-Institut und die Technische Universität München ergänzen die Infrastruktur mit modernste Beschichtungs- und Lithographieanlagen zur gemeinsamen Nutzung.
Dr. Jelena Ninkovic, Leiterin des Halbleiterlabors der Max-Planck-Gesellschaft, betont die Bedeutung der Zusammenarbeit: „Die Entwicklung von supraleitenden Qubits stellt einen entscheidenden Schritt in Richtung praktischer Anwendungen von Quantencomputern dar. Durch diese Partnerschaft bündeln wir nicht nur unser Fachwissen, sondern schaffen eine einzigartige Plattform für innovative Forschung und technologische Durchbrüche.“ Auch Prof. Dr. Caldwell, geschäftsführender Direktor des Halbleiterlabors, unterstreicht die Bedeutung der Kooperation: „Mit dieser Zusammenarbeit setzen wir auf die Synergien zwischen den herausragenden Forschungsfeldern unserer Partner und dem Know-how unseres Labors. Gemeinsam werden wir neue Maßstäbe in der Quantentechnologie setzen.“
Abbildung 2 – Quantenprozessor bestehend aus 17 supraleitenden Qubits.
Mikka Stampa / MQV
Abbildung 2 – Quantenprozessor bestehend aus 17 supraleitenden Qubits.
Mikka Stampa / MQV
Prof. Dr. Stefan Filipp, Inhaber des Lehrstuhls für Technische Physik an der Technischen Universität München und Direktor des Walther-Meißner-Instituts, erklärt: „Mit den damit geschaffenen neuen Möglichkeiten zur Herstellung der weltweit besten Qubits können wir die die Grenzen der Quantentechnologie wesentlich erweitern. Damit schaffen wir die Grundlagen für den weiteren Erfolg des Munich Quantum Valley im Bereich der Quantenhardware und können die Kompetenzen beim eigenständigen Bau von Quantencomputern nachhaltig festigen und weiter ausbauen.“ Prof. Dr. Peter Rabl, geschäftsführender Direktor am Walther-Meißner-Institut fügt hinzu: “Diese Kooperation ermöglicht es uns, fundamentale Fragen der Quantenphysik zu erforschen. Die Zusammenarbeit bietet uns eine einmalige Chance, die Zukunft der Quantencomputing-Technologie in Deutschland und Europa aktiv mitzugestalten.”
Die Zusammenarbeit zwischen dem Halbleiterlabor, der TU München und dem Walther-Meißner-Institut wird die Entwicklung von Quantencomputern in Deutschland entscheidend vorantreiben und eine Schlüsselrolle in internationalen Forschungsbemühungen spielen. Die ersten gemeinsamen Projekte und Experimente sind bereits in Planung, und die Ergebnisse werden mit Spannung erwartet.
Über das Halbleiterlabor der Max-Planck-Gesellschaft (HLL): Das Halbleiterlabor der Max-Planck-Gesellschaft ist eine weltweit führende Forschungseinrichtung im Bereich der Halbleitertechnologie. Das Labor entwickelt und fertigt hochspezialisierte Sensoren und Detektoren für den Einsatz in der Grundlagenforschung, Raumfahrt, Hochenergiephysik und weiteren Disziplinen.
Abbildung 3 – Das neue Gebäude des Halbleiterlabors der Max-Planck-Gesellschaft in Garching: Modernste Infrastruktur für Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Halbleitertechnologie.
Abbildung 3 – Das neue Gebäude des Halbleiterlabors der Max-Planck-Gesellschaft in Garching: Modernste Infrastruktur für Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Halbleitertechnologie.
Abbildung 4 – Der neue Reinraum des Halbleiterlabors der Max-Planck-Gesellschaft: Erweiterte Kapazitäten für fortschrittliche Forschung in der Nano- und Quantentechnologie.
Abbildung 4 – Der neue Reinraum des Halbleiterlabors der Max-Planck-Gesellschaft: Erweiterte Kapazitäten für fortschrittliche Forschung in der Nano- und Quantentechnologie.
Über die Technische Universität München (TUM): Die Technische Universität München ist eine der führenden technischen Universitäten Europas. Ihre Forschungsaktivitäten erstrecken sich über ein breites Spektrum von Natur- und Ingenieurwissenschaften bis hin zu Medizin und Lebenswissenschaften. Im Bereich der Quantentechnologie und Quantenphysik nimmt die TUM eine Vorreiterrolle ein.
Über das Walter-Meißner-Institut für Tieftemperaturforschung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (WMI): Das WMI ist ein international renommiertes Forschungsinstitut der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Es führt sowohl Grundlagenforschung als auch angewandte Forschung bei tiefen Temperaturen mit besonderem Schwerpunkt auf Supraleitung und Magnetismus sowie auf den Bereich der supraleitenden Quantentechnologien durch. Es trägt mit seiner Entwicklung von Quantenprozessoren maßgeblich zum technologischen Fortschritt in der Quanteninformationsverarbeitung in Deutschland bei.
Das Halbleiterlabor der Max-Planck-Gesellschaft trägt mit Sensoren für den DSSC-Detektor zu bahnbrechenden Proteinabbildungen am Europäischen XFEL bei
11.10.2024
Der Nobelpreis für Chemie 2024 wurde an David Baker, Demis Hassabis und John M. Jumper für ihre wegweisende Arbeit zur Vorhersage von Proteinstrukturen und zum computergestützten Protein-Design verliehen. Ihre Forschung hat das Verständnis von Protein-Faltung und -Design revolutioniert, mit tiefgreifenden Auswirkungen auf Medizin, Biologie und Chemie. Die Entschlüsselung von Proteinstrukturen ist ein wesentlicher Bestandteil der Forschung am Europäischen XFEL, und David Baker ist seit 2022 ein aktiver Nutzer dieser Einrichtung, wo er bahnbrechende Experimente durchgeführt hat.
Silicon Drift Detector Sensor connected to the 8 readout chips
Silicon Drift Detector Sensor connected to the 8 readout chips
Das Halbleiterlabor der Max-Planck-Gesellschaft (HLL) ist stolz darauf, einen entscheidenden Beitrag zu dieser wegweisenden Forschung am Europäischen XFEL geleistet zu haben. Der fortschrittliche DSSC-Detektor, der mit Sensoren des HLL ausgestattet ist, war entscheidend für die Aufnahme von Einzelbild-Diffraktionsaufnahmen von de novo-Proteinen mit weichen Röntgenstrahlen. Dieser Durchbruch wurde an der SQS-Station (Small Quantum Systems) erzielt, wo die Fähigkeit des DSSC-Detektors, mit einer Megaframe-Rate zu arbeiten, die Echtzeituntersuchung von Proteinen ermöglichte und damit einen bedeutenden Meilenstein in der Strukturbiologie markierte.
Zu den herausragenden Leistungen von David Baker gehört die erstmalige Aufzeichnung von Diffraktionsmustern von computergestützten Proteinen und einzelnen Molekülen mit dem DSSC-Detektor am Europäischen XFEL. Seine Arbeit im Bereich des de novo-Protein-Designs, das es Wissenschaftlern ermöglicht, Proteine mit neuen Funktionen zu erschaffen, hat neue Horizonte im Verständnis der Protein-Faltung und ihrer biologischen Funktionen eröffnet. Die Möglichkeit, diese Proteine mit der Präzision zu untersuchen, die der DSSC-Detektor bietet, war ein entscheidender Faktor für diesen Erfolg.
„Herzlichen Glückwunsch an David Baker, Demis Hassabis und John M. Jumper zum Erhalt des Nobelpreises für Chemie,“ sagte Prof. Dr. Allen Caldwell, Geschäftsführender Direktor des Halbleiterlabors. „Wir sind stolz darauf, dass unsere Technologie eine Rolle bei der Unterstützung dieser wegweisenden Forschung am Europäischen XFEL gespielt hat, wo die Erforschung von Proteinstrukturen neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Innovationen vorantreibt.“
Sensor wafer as produced at MPG HLL
Sensor wafer as produced at MPG HLL
Dr. Jelena Ninkovic, Leiterin des Halbleiterlabors, fügte hinzu: „Dieser Erfolg unterstreicht die Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit und die Kraft, modernste Technologie mit erstklassiger wissenschaftlicher Forschung zu verbinden. Die Anerkennung der Arbeit von David Baker und seine Nutzung unseres DSSC-Detektors verdeutlichen die zentrale Rolle, die fortschrittliche Sensortechnologie bei heutigen wissenschaftlichen Durchbrüchen spielt.“
Während die Welt weiterhin die Grenzen der Proteinwissenschaft erweitert, bleibt das Halbleiterlabor der Max-Planck-Gesellschaft der Entwicklung von Sensortechnologien der nächsten Generation verpflichtet, die es Forschern ermöglichen, neue Erkenntnisse und Entdeckungen in Bereichen wie Biologie, Chemie, Physik und Materialwissenschaften zu erzielen.
Das HLL ist auf die Entwicklung hochmoderner Sensoren und Detektoren für die wissenschaftliche Forschung spezialisiert und bietet Anwendungen in der Hochenergiephysik, Strukturbiologie, Astronomie und Quantentechnologien. Die Innovationen des Labors waren entscheidend, um Forschern weltweit Durchbrüche in ihren jeweiligen Bereichen zu ermöglichen.
Aufbruch zu neuen Möglichkeiten
08.10.2024
Prominente Gäste aus Politik und Wissenschaft weihen Neubau des Halbleiterlabors der Max-Planck-Gesellschaft ein
Am 7. Oktober 2024 wurde das neue Gebäude des Halbleiterlabors (HLL) auf dem Forschungscampus Garching feierlich eröffnet. Der Umzug vom Siemens-Gelände in Neuperlach auf den Campus Garching ermöglicht es dem HLL, in enger Kooperation mit weiteren, führenden Forschungseinrichtungen zu arbeiten.
Zur Eröffnung kamen hochrangige Gäste wie der Staatsminister für Europaangelegenheiten und Internationales Eric Beißwenger, der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft Professor Dr. Patrick Cramer und Garchings Bürgermeister Dr. Dietmar Gruchmann sowie Professor Dr. Siegfried Bethke, ehemaliger Direktor und Wissenschaftliches Mitglied am Max-Planck-Institut für Physik und Professor Dr. Allen Caldwell, geschäftsführender Direktor des HLL. Gemeinsam mit der HLL-Leiterin Dr. Jelena Ninkovic durchschnitten sie das Band zur feierlichen Eröffnung.
In ihrer Rede erörterte die Laborleiterin die Funktion des HLL: „Über die Jahre hinweg hat sich das Halbleiterlabor als ein Zentrum für zukunftsweisende Innovation etabliert. Unser Motto „Sensing the Invisible“ spiegelt genau das wider: Wir entwickeln Technologien, die das Unsichtbare sichtbar machen und so neue Erkenntnisse in der Wissenschaft ermöglichen.“
Nach dem symbolischen Akt begrüßte der geschäftsführende Direktor des HLL, Professor Dr. Allen Caldwell, die anwesenden Gäste im Science Congress Center in Garching. In seiner Rede betonte er die Bedeutung des neuen Gebäudes und die Perspektive, dass das HLL seine weltweit führende Stellung in der Entwicklung von Siliziumdetektoren weiter ausbaut. Er dankte zudem der bayerischen Staatsregierung und der Max-Planck-Gesellschaft für die Unterstützung beim Bau des neues Halbleiterlabors. „Das HLL hat bereits bei Projekten wie dem XMM-Newton-Weltraumteleskop, der eROSITA-Mission und dem BELLE-II-Experiment eine Schlüsselrolle gespielt. Das neue Gebäude wird uns dabei helfen, diese Erfolgsgeschichte fortzusetzen und die internationale Relevanz des HLL auszubauen“, sagte Caldwell und unterstrich die wichtige Rolle, die das Halbleiterlabor in der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft einnimmt.
Der Präsident Professor Dr. Patrick Cramer ergänzte: „Wissenschaftliche Durchbrüche fußen oft auf technischen Innovationen. Das neue Halbleiterlabor der Max-Planck-Gesellschaft liefert die beeindruckende Technologie für den Aufbruch zu neuen Möglichkeiten und erweitert so die Attraktivität des Forschungsstandorts Garching.“
Der bayerische Europaminister Eric Beißwenger bezeichnete Bayern als Hightech-Land: „Die MPG gehört zur absoluten Weltspitze in der Grundlagenforschung und ist eine Nobelpreisträgerschmiede. Im neuen Halbleiterlabor wird aus Grundlagenforschung konkrete Anwendung. Mit seiner weitsichtigen Standortpolitik schafft der Freistaat Bayern beste Voraussetzungen für Forschung und Entwicklung und spielt in der wissenschaftlichen Championsleague. Bayern ist weltweit attraktiv für die klügsten Köpfe. Dies zeigt sich auch an der Ansiedlung des neuen Halbleiterlabors am Forschungscampus Garching. Mit der Hightech-Agenda investieren wir 5,5 Milliarden Euro in Wissenschaft und Forschung. Forschung und Innovation sind der Schlüssel zur Zukunft und bilden zugleich die Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg.“
Das Halbleiterlabor ist bekannt für seine hochmodernen Siliziumdetektoren, die in vielen Forschungsprojekten eingesetzt werden, darunter auch in der Röntgenastronomie und Teilchenphysik. Mit dem neuen Gebäude verfügt das Labor über 1.500 Quadratmeter hochmoderne Laborflächen, darunter 600 Quadratmeter Reinraum der Klasse ISO 3. Diese hochspezialisierte Ausstattung wird es ermöglichen, eine 8-Zoll-Prozesslinie zu installieren und neue Technologien für Nanofabrikation zu entwickeln. Das HLL wird auch eine zentrale Rolle im Munich Quantum Valley einnehmen und somit die Entwicklung von Quantencomputern nachhaltig beeinflussen.
Den Abschluss der Eröffnungsfeier bildeten wissenschaftliche Vorträge von führenden Experten wie Professor Dr. Kazunori Hanagaki, Direktor für Forschung und stellvertretender Generaldirektor der Forschungsorganisation für Hochenergiebeschleuniger (KEK) und Professor Dr. Günther Hasinger, Gründungsdirektor des Deutschen Zentrums für Astrophysik und ehemaliger Direktor am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik. Am Tag nach der Eröffnung fand ein wissenschaftliches Symposium statt, das internationale Experten zum Thema Siliziumsensoren und ihre Anwendungen zusammenbrachte.
eRosita: pnCCD machen den Röntgenhimmel sichtbar
14.02.2024
Nun wurden Daten der ersten Himmelsdurchmusterung durch das abbildende Röntgenteleskop eRosita an Bord des Spektrum-RG (SRG) Satelliten veröffentlicht. Das Ergebnis: Quellen von etwa 710 000 supermassereichen schwarzen Löchern in fernen Galaxien, über 180 000 aktive Sterne in unserer eigenen Milchstraße bis hin zu 12 000 Galaxienhaufen und eine kleine Anzahl anderer exotischer Quellen wie röntgenstrahlende Doppelsterne, Supernovaüberreste, Pulsare und andere Objekte. Die Basis für das neuartiges Detektorsystem ist die pnCCD-Technologie des Halbleiterlabors.
Der pnCCD-Detektor ermöglicht eine genaue Spektroskopie der Röntgenstrahlung sowie eine Abbildung mit hoher Zeitauflösung. Er basiert auf dem erfolgreichen XMM-Newton pnCCD-Detektorkonzept, wurde aber in Bezug auf Design und Technologie weiter verbessert. Die pnCDDs wurden neu konzipiert und in einer innovativen Technologie hergestellt. Dabei wurden modernste Entwicklungen wie die selbst alignierende CCD-Registertechnologie verwendet.
Der X-Ray Multi-Mirror (XMM-Newton) Satellit wurde 1999 von der Europäischen Weltraumagentur (ESA) gestartet. Insbesondere wurde dem Bildbereich ein Bildspeicherbereich hinzugefügt, um die gleichzeitige Aufnahme und das Auslesen in getrennten CCD-Bereichen zu ermöglichen. Die Dicke des gesamten pnCCD-Chips von 450 μm ist gleichmäßig empfindlich für Röntgenstrahlen von sehr niedrigen bis zu sehr hohen Energien. Die Röntgenphotonen-Detektionseffizienz liegt bei mindestens 90 % im Energieband von 0,3 keV bis 10 keV. Der Bildspeicherbetrieb ermöglicht sehr hohe Bildraten von bis zu 200 Röntgenbildern pro Sekunde ohne Bildverschmierung.
Die eRASS1-Beobachtungen (eROSITA-All-Sky-Survey-Katalog) mit dem eROSITA-Teleskop wurden vom 12. Dezember 2019 bis zum 11. Juni 2020 durchgeführt. Im empfindlichsten Energiebereich der eROSITA-Detektoren (0,2-2 keV) entdeckte das Teleskop 170 Millionen Röntgenphotonen, für die die Kameras die ankommende Energie und Ankunftszeit genau messen können.
Eine Weiterentwicklung der eRosita-pnCCDs des HLL hat jetzt die Erde verlassen. Die Raumsonde Einstein Probe der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (CAS) hob am 9. Januar 2024 mit einer Chang Zheng 2C-Rakete vom Xichang Satellite Launch Centre in China ab.
Nach dem Start erreichte die Einstein-Sonde ihre Umlaufbahn in einer Höhe von etwa 600 Kilometer. Die Sonde umkreist die Erde alle 96 Minuten mit einer Bahnneigung von 29 Grad und ist in der Lage, in nur drei Umläufen fast den gesamten Nachthimmel zu beobachten.
pnCCDs, die am Max-Planck-Halbleiterlabor entwickelt und produziert werden, sind Sensoren für die Licht- und Teilchendetektion. Sie kommen in Satelliten für die Röntgenastronomie, für die neue Halbleitersensoren benötigt werden, zum Einsatz. Sie ermöglichen die Nachweisschwelle für weiche Röntgenstrahlung. pnCCDs können auf die Bedürfnisse der Röntgenspektroskopie und der Röntgenphotonenzählung zugeschnitten werden. In ihnen sind die Speicherkondensatoren mit pn-Übergängen anstelle von MOS-Strukturen aufgebaut. Dadurch entfällt die empfindliche Silizium-Siliziumdioxid-Grenzfläche, wodurch ein pn-CCD intrinsisch strahlungshärter ist. In den vergangenen drei Jahrzehnten hat das HLL viele Versionen von pn-CCDs entwickelt und produziert, hauptsächlich für die Anwendungsgebiete der satellitengestützten Röntgenspektroskopiekameras (XMM-Newton, eRosita, Einstein Probe) und der Materialwissenschaften (CAMP, LAMP). Das Design und die Technologie von pnCCDs wird immer weiter entwickelt. Zuletzt wurden, zu die selbst alignierende CCD-Registertechnologie, neue niederohmige Registerbusverbindung mit Polysilizium verwendet, die einen wesentlich schnelleren Ladungstransfer vom Sensor in den Bildspeicherbereich ermöglicht.
Made in Germany und big in Japan: Pixel-Vertex-Detektor in Belle II-Experiment installiert
08.08.2023
Der Pixel Vertex Detektor (PXD) bildet mit der Größe von gerade einmal einer Getränkedose die innerste Detektorlage des internationalen Belle II-Experiments. Jetzt wurde er an seinem Bestimmungsort, dem SuperKEKB Elektron-Positron Beschleuniger in Japan, installiert. Das ultrasensitive Gerät wurde an den deutschen Belle II-Instituten entwickelt. Der kleine PXD ist speziell für das Aufspüren bestimmter Teilchenzerfälle konzipiert, die Licht in das große Rätsel um das Ungleichgewicht von Materie und Antimaterie im Universum bringen sollen.
Der Pixel-Vertex-Detektor umgibt das Strahlrohr und liegt nur 1,4 Zentimeter vom Kollisionspunkt (Vertex) entfernt. Damit lässt sich der genaue Zerfallsort kurzlebiger Teilchen akkurat bestimmen. Der PXD besteht aus 20 Pixeldetektoren – 75 Mikrometer dünnen Siliziummodulen, die lediglich so dick sind wie ein menschliches Haar. Der neue Detektor basiert auf der am Max Planck-Halbleiterlabor entwickelten DEPFET-Technologie. Sie liefert bis zu 50.000 hochaufgelöste Bilder pro Sekunde. Aufgezeichnet werden Zerfallsprodukte von B-Mesonen, die entstehen, wenn Elektronen und Positronen im SuperKEKB-Beschleuniger kollidieren.
„Das B-Mesonen System ist ein ideales Versuchsfeld um eine der fundamentalen Symmetrien der Natur zu studieren: Die Verletzung der CP-Symmetrie (Paritäts-Ladungssymmetrie) ist eine von drei Bedingungen, die erfüllt sein müssen um zu erklären, warum unser heutiges Universum fast vollständig aus Materie besteht“, erklärt der DESY-Wissenschaftler und PXD-Projektleiter Carsten Niebuhr. „Die hohe Präzision des Belle II-Detektors bietet in Kombination mit der großen Anzahl an Elektron-Positron-Kollisionen am SuperKEKB einzigartige Möglichkeiten, die CP-Verletzung und andere interessante Phänomene in viel höherem Detail zu untersuchen.“
Allerdings sind die Zerfallsprodukte der B-Meson-Zerfälle relativ niederenergetisch und werden in ihrem Durchgang durch die Materie leicht gestört. Daher müssen die ersten Detektorelemente des Belle II-Detektors so dünn wie möglich sein, so dass der PXD besonders fragil und extrem empfindlich in der Handhabung ist. „Wir sind sehr stolz darauf, dass die Münchner Gruppen wesentliche Teile des Detektorkonzepts und der Entwicklung beigesteuert haben“, sagt Hans-Günther Moser, Leiter der Belle II-Gruppe am MPP. „Mithilfe der DEPFET-Technologie kommen im Belle II-Experiment hochkomplexe und ultrasensitive Sensoren zum Einsatz, die auch in Satellitenexperimenten eingesetzt werden. Diese Technologie unterstreicht die weltweit einzigartige Kompetenz des Halbleiterlabors für Strahlungsdetektoren.“
Der Detektor fliegt Business Class
Bereits 2018 wurde eine erste, noch unvollständige Version des PXD im Belle II Detektor installiert und hat bereits wertvolle Resultate geliefert. Aber erst die neue und vollständige Version ist in der Lage mit der hohen Luminosität umzugehen, die in den nächsten Jahren im SuperKEKB erreicht werden soll. Der Transport nach Japan war aufwendig: Zunächst musste der empfindliche Detektor über normale Verkehrsstraßen von seinem Montageort am Max-Planck-Institut für Physik in München zum DESY überführt werden, um dort kritische Funktionsprüfungen und Optimierungen der Detektorparameter vornehmen zu können.
Nach der erfolgreichen Testphase, wurde der neu montierte Detektor auf seine nächste Reise geschickt – dieses Mal viele tausende Kilometer nach Osten, nach Japan. Die Flugreise wartete mit neuen Herausforderungen auf; unerwartete Turbulenzen und unsachgemäße Lagerung während des Transits hätten leicht einen der empfindlichen und unbezahlbaren Siliziumsensoren zerbrechen können. Um gegen solche Gefahren gewappnet zu sein und Vibrationen auf ein absolutes Minimum zu reduzieren, wurde der Detektor von dem Team speziell verpackt. Der PXD reiste in der Business-Class und bekam so genug Platz auf einem eigenen Sitz, während das Team ihn die ganze Reise über ‚Babysitten‘ konnte.
Zum Jahreswechsel nimmt der PXD2 seine Arbeit auf
„Die Installation und Inbetriebnahme des PXD besteht nicht nur in der Vorbereitung und Integration des sehr fragilen Detektors selbst, sondern auch in der Inbetriebnahme eines komplexen Service-Systems aus maßgeschneiderter Stromversorgung und Ausleseelektronik“, erklärt der DESY-Wissenschaftler Fabian Becherer, der als Mitglied des PXD-Installationsteams mehrere Monate am KEK verbrachte. Besonders wegen des sehr limitierten Raumvolumens innerhalb des Belle II-Detektors sei die Installation eine extrem herausfordernde Aufgabe, die eine enge Zusammenarbeit mit verschiedenen anderen Detektorgruppen verlange, um potentielle Konflikte zu vermeiden.
Der frisch eingebaute Detektor soll Anfang 2024 mit der Datennahme beginnen. „Es war eine jahrelange und herausfordernde Reise um an diesen Punkt zu gelangen. Ich bin stolz auf das gesamte PXD-Team, das dieses Ziel möglich gemacht hat und bin begeistert an diesem großen Moment teilhaben zu dürfen“, so Botho Paschen, Wissenschaftler an der Universität Bonn und technischer Koordinator des PXD-Projektes. „Ab Ende des Jahres endlich Physik Daten mit einem vollständigen Detektor nehmen zu können, ist eine spannende Aussicht.“
Laci Andricek vom Halbleiterlabor in München und Mitentwickler des PXD-Detektors resümiert: „Es ist aufregend und erleichternd zugleich, miterleben zu dürfen, wie der PXD von der Konzeption des Detektors, über die Entwicklung und Herstellung der Sensoren und Module am Halbleiterlabor der Max-Planck-Gesellschaft bis hin zur Integration am MPP und DESY, endlich an seinem Ziel ankommt.“
An der Entwicklung und Konstruktion des PXD waren das DESY, das Max-Planck-Institut für Physik und das Halbleiterlabor der Max-Planck-Gesellschaft (beide in München), Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, die Justus-Liebig-Universität Gießen, die Georg-August-Universität Göttingen, die Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, die Ludwig-Maximilians-Universität München, die Technische Universität München und das Karlsruher Institut für Technologie, sowie weitere Institute aus Spanien und der Tschechischen Republik beteiligt.
Die deutschen Arbeitsgruppen im Belle II-Experiment werden mit Finanzmitteln folgender Einrichtungen und Programme gefördert:
Alexander von Humboldt Foundation
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), insbesondere im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder:
„ORIGINS“: EXC-2094 – 390783311
“Quantum Universe”: EXC-2121 – 390833306
European Research Council
European Union’s Horizon 2020 – grant agreement No 822070
Helmholtz-Gemeinschaft
Max-Planck-Gesellschaft
Gemeinsam für die Wissenschaft: Messestand zur Erforschung von Universum und Materie begeistert Besucher*innen auf der Hannover Messe
11.05.2023
Im Rahmen seiner Beteiligung an den Forschungsprojekten „ATLAS“, durchgeführt im LHC (Large Hadron Collider) am CERN, und „BELLE II“, welches am SuperKEKB in Tsukuba, Japan, stattfindet, war das Halbleiterlabor der Max-Planck-Gesellschaft am Stand „ERUM – Erforschung von Universum und Materie“ auf der diesjährigen Hannovermesse vertreten. Vom 17. bis zum 20. April präsentierten mehr als 4.000 Aussteller aus über 70 Ländern ihre neuesten Innovationen, Produkte und Dienstleistungen auf Deutschlands größter Industriemesse.
Besucher*innen des Gemeinschaftsstands konnten eine Woche lang spannende Einblicke in den Arbeitsalltag deutscher Wissenschaftler*innen gewinnen und aus erster Hand erfahren, was es bedeutet, das Universum und die Materie zu erforschen, wie die Teilchendetektoren am Large Hadron Collider und am SuperKEKB aufgebaut sind und mit welchen Methoden die erhobenen Daten anschließend analysiert werden. Ein besonderes Highlight und wahrer Publikumsmagnet war ein Mikroskop, mit dem ein Fragment eines DEPFET-Pixeldetektors, hergestellt vom Halbleiterlabor der Max-Planck-Gesellschaft, in Großaufnahme bestaunt werden konnte.
Die positive Resonanz der Besucher*innen auf den Gemeinschaftsstand zeigte deutlich, dass auch Industriemessen ein geeigneter Ort für Projekte aus der Forschung sind und den Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft fördern.
Mit dem Rahmenprogramm „Erforschung von Universum und Materie“ (ErUM) fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung in Deutschland exzellente naturwissenschaftliche Grundlagenforschung an Forschungsinfrastrukturen. In einzeln organisierten Forschungsschwerpunkten (ErUM-FSPs) werden Wissenschaftler*innen deutscher Hochschulen und außeruniversitärer Forschungseinrichtungen vernetzt, um gemeinsam große Fragen der Menschheit zu beantworten.
Die ErUM-Forschungsschwerpunkte am LHC
Am Large Hadron Collider (LHC), dem leistungsstärksten Teilchenbeschleuniger der Welt am Forschungszentrum CERN bei Genf, untersuchen Wissenschaftler*innen in internationaler Zusammenarbeit die elementaren Bausteine der Materie und die fundamentalen Naturgesetze des Universums. Mehr als 1300 Wissenschaftler*innen aus Deutschland sind maßgeblich an diesen Untersuchungen beteiligt. Die deutschen Arbeitsgruppen haben sich analog zu den Großexperimenten am LHC zu vier Forschungsschwerpunkten (ErUM-FSPs) zusammengeschlossen: ALICE, ATLAS, CMS und LHCb. Weitere Infos: https://lhc-deutschland.de/
Belle II Deutschland
Der ErUM-FSP Belle II ist ein Zusammenschluss aller deutschen Institute, die sich am internationalen Teilchenphysikexperiment Belle II in Japan beteiligen, wo sie mit Präzisionsmessungen nach neuen Erkenntnissen über die elementaren Bausteine der Natur forschen. Weitere Infos: https://www.belle2.de/
Belle II bekommt ein neues Herzstück: Der neue Pixeldetektor PXD2 ist in Japan eingetroffen
Priority Boarding des speziellen Passagiers in Frankfurt @Belle2 / KEK
Priority Boarding des speziellen Passagiers in Frankfurt @Belle2 / KEK
18.03.2023
Ein leistungsstarker Nachfolger für den innersten Detektor
Im Moment steht der SuperKEKB Beschleuniger in Japan still. Einer der Hauptgründe dafür ist der geplante Einbau des neuen zweilagigen Belle II Pixel Vertex Detektors (PXD2). Der stark verbesserte kleine Detektor, der für die Messung der kurzlebigsten Teilchenzerfälle im Belle II Detektor verantwortlich ist, soll den gegenwärtigen PXD1 ersetzen. Dies ist im Hinblick auf zukünftige Datennahmeperioden mit höherer Luminosität und der damit verbundenen größeren Trefferdichte auf den nur wenige Millimeter von der Strahlachse entfernten Sensoren notwendig, um Leistungseinbußen für Physikanalysen zu vermeiden.
Die beiden Halbschalen sicher verstaut auf ihrem eigenen Sitz @Belle2 / KEK
Die beiden Halbschalen sicher verstaut auf ihrem eigenen Sitz @Belle2 / KEK
Viel Vorbereitung für den Austausch
Der PXD2 wurde, wie auch schon sein Vorgänger, an den deutschen Instituten der Kollaboration gebaut. Nach vielen Monaten intensiver Vorbereitung in den verschiedenen deutschen Instituten war es nun endlich so weit: Die beiden Halbschalen des neuen PXD2 konnten auf den langen Weg nach Japan geschickt werden. Der kleine empfindliche Detektor besteht aus hauchdünnen und leicht zerbrechlichen Siliziumscheiben, die gegen Erschütterungen bestmöglich geschützt werden müssen. Der Transport dieses einmaligen und unersetzbaren Instruments war daher eine ganz besondere Herausforderung.
Ankunft von PXD2 am KEK @Belle2 / KEK
Ankunft von PXD2 am KEK @Belle2 / KEK
Der PXD2 durfte als Sonderpassagier nach Japan reisen
Um ihn keinen Moment aus den Augen lassen zu müssen, wurde für den Detektor ein eigener Platz im Flugzeug reserviert. Unter Umgehung der Warteschlangen der wartenden Passagiere wurde der Sonderpassagier dann als erster in das Flugzeug gelassen und sicher in seinem Sitz verstaut. Zur großen Erleichterung aller Beteiligten zeigte eine erste Sichtprüfung der beiden Halbschalen nach Ankunft am KEK keine Hinweise auf Transportschäden.
Ein wichtiger Schritt zu neuen Physikergebnissen
Erste Inspektion auf mögliche Transportschäden am KEK @Belle2 / KEK
Erste Inspektion auf mögliche Transportschäden am KEK @Belle2 / KEK
In den nächsten Wochen wird der Detektor auf das ebenfalls neue und am KEK gefertigte Strahlrohr montiert und mit der Ausleseelektronik verbunden, um auch die volle elektrische Funktionsfähigkeit zu überprüfen. Im Winter 2023-2024 soll der SuperKEKB endlich wieder in Betrieb genommen werden und wir erwarten neue spannende Ergebnisse.
Die deutschen Arbeitsgruppen im Belle II-Experiment werden mit Finanzmitteln folgender Einrichtungen und Programme gefördert:
Alexander von Humboldt Foundation
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), insbesondere im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder:
„ORIGINS“: EXC-2094 – 390783311
“Quantum Universe”: EXC-2121 – 390833306
European Research Council
European Union’s Horizon 2020 – grant agreement No 822070
Helmholtz-Gemeinschaft
Max-Planck-Gesellschaft
Allen Caldwell ist neuer Geschäftsführender Direktor am Max Planck Halbleiterlabor
17.01.2023
Der Physiker Allen Caldwell ist der neue Geschäftsführende Direktor am Halbleiterlabor (HLL) der Max-Planck-Gesellschaft. In dieser Funktion arbeitet er eng mit Jelena Ninkovic zusammen, die das HLL leitet und den technischen Betrieb des Labors verantwortet. Allen Caldwell übernimmt die Nachfolge des inzwischen emeritierten Direktors Siegfried Bethke, der dem HLL von 2013 bis Ende 2022 vorstand.
Prof. Dr. Siegfried Bethke, Dr. Jelena Ninkovic, Prof. Dr. Allen Caldwell (Fotograf: Raik Lehmann)
Prof. Dr. Siegfried Bethke, Dr. Jelena Ninkovic, Prof. Dr. Allen Caldwell (Fotograf: Raik Lehmann)
Das HLL ging aus einer Kooperation der Max-Planck-Institute für Physik (MPP) und für extraterrestrische Physik (MPE) hervor, mit dem Ziel, hochspezifische Sensoren für Experimente in der Astro- und Teilchenphysik herzustellen. Seit 2013 ist das HLL eine zentrale Einrichtung der Max-Planck-Gesellschaft; die Verwaltung liegt weiterhin beim MPP.
Der MPP-Direktor Allen Caldwell trat sein neues Amt am 1. Januar 2023 an. Seine primäre Aufgabe sieht er darin, das HLL strategisch und personell auf künftige Anforderungen ambitionierter Forschungsprojekte auszurichten. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Partnerschaft mit dem Munich Quantum Valley, einem Forschungsverbund für die Entwicklung und Etablierung wettbewerbsfähiger Quantencomputer in Bayern.
Umzug nach Garching beginnt 2023
Der für Ende 2023 geplante Umzug an das Forschungszentrum Garching bringt weitere Managementaufgaben mit sich. Am HLL befindet sich hochwertige und empfindliche Ausrüstung, deren Transport und Inbetriebnahme einen beträchtlichen Zeit- und Organisationsaufwand erfordern.
Mit dem neuen Standort öffnet sich für das HLL ein neues Kapitel, wie Allen Caldwell erläutert: „Das neue Gebäude verfügt über deutlich mehr Laborfläche als der aktuelle Standort; die Anlagen entsprechen modernsten technischen Standards. Damit können wir in völlig neue Bereiche expandieren, um innovative Technologien auf Basis verschiedener Materialien zu erforschen.“ Das HLL wird weiterhin Sensoren für laufende und künftige Projekte designen und außerdem projektunabhängig an Sensortechnologien für künftige Einsatzgebiete arbeiten.
Hochspezifische Sensoren für Physik-Experimente
Das HLL entwickelt und fertigt einzigartige Siliziummodule für Sensoren, die in Physik-Experimenten Verwendung finden. Ein Beispiel dafür ist das Belle Experiment in Japan, wo dank einer neuartigen, vom HLL erfundenen Technologie ein ultradünner Pixeldetektor zum Einsatz kommt. Dieser dient dazu, das Antimaterierätsel des Universums zu untersuchen. In einem aktuellen Projekt baut das HLL Module zum Nachweis steriler Neutrinos im KATRIN-Experiment am Karlsruhe Institut für Technologie.
„Das HLL hat eine fantastische Bilanz bei der Entwicklung von Sensoren für bahnbrechende Forschungsprojekte“, sagt Allen Caldwell. „Dieser Erfolg ist das Ergebnis herausragender Leistungen der Belegschaft. Ich freue mich darauf, die Einrichtung auf ihrem erfolgreichen Weg zu begleiten und weiterhin eng mit Jelena Ninkovic zusammenzuarbeiten. Mit der Zentralverwaltung der MPG steht uns ein starker Partner zur Seite.
Erste Prototypen des integrierten Schaltkreises (IC) DMC 65 in Betrieb
29.11.2022
Foto eines EDET-ASM. Die DMC 65-ICs befinden sich in der Spalte ganz rechts.
Foto eines EDET-ASM. Die DMC 65-ICs befinden sich in der Spalte ganz rechts.
Das EDET-DH80K-Kamerasystem ist ein Direct Hit Electron Detector, der in der Fokussebene eines TEMs betrieben wird. Es handelt sich um ein 1-Megapixel-Kamerasystem, das aus vier unabhängigen Quadrantenmodulen mit jeweils 256k Pixeln besteht und für eine Bildrate von 80k Bildern pro Sekunde ausgelegt ist. Noch höhere Bildraten sind durch den Einsatz fortschrittlicher Fenstertechniken möglich. Das endgültige System ist in der Lage, Bildbursts von 50 Vollbildern mit der spezifizierten Zeitauflösung von 12,8 Mikrosekunden bei einer Burst-Wiederholrate von 100 Hz aufzunehmen. Die Detektormatrix des Systems basiert auf einer kombinierten DEPFET-Detektor-/Verstärkerzelle. Zusätzlich zu der einzigartigen Operationsgeschwindigkeit zeichnet sich das System durch eine hohe Strahlenhärte, eine nichtlineare Verstärkung mit In-Pixel-Signalkompression und ein dünnes Detektorsubstrat für eine optimale PSF aus. Um eine maximale Integrationsdichte innerhalb des TEM zu erreichen, ist die gesamte Front-End-Elektronik zusammen mit der Detektormatrix auf einem All-Silicon-Modul (ASM) integriert.
Foto eines DMC 65-Chips. Die Chipgröße beträgt etwa 3,2 x 5 cm.
Foto eines DMC 65-Chips. Die Chipgröße beträgt etwa 3,2 x 5 cm.
Ein wichtiger Bestandteil dieses Systems ist der DMC 65 IC. Dieser Baustein, ein kombinierter Sequenzer-/Datenpuffer-IC, ist Teil des Frontend-Elektronikpakets und wird als schneller digitaler Datenverarbeitungs-IC für die Module verwendet und ermöglicht dem System den Betrieb mit der geforderten Zeitauflösung. Er besteht aus einem integrierten Sequenzer, der die Steuersignale für die Detektormatrix bereitstellt, einer Schnittstellenschaltung zum DCD-Digitalisierer-Chip, der die analogen Daten von der DEPFET-Matrix erfasst und digitalisiert, sowie einer FIFO-Schaltung zur Erfassung und Pufferung der DCD-Ausgangsdaten, die dann über das serielle Hochgeschwindigkeits-AURORA-Protokoll an die Peripherie übertragen werden. Jede DMC ist mit einem DCD-Chip gepaart, so dass das vollständig bestückte Modul mit 8 DCD/DMC 65-Paaren ausgestattet ist.
Screenshot der Online-Überwachung des DMC 65 - Abtastung des eingebauten DCD-Testmusters.
Screenshot der Online-Überwachung des DMC 65 - Abtastung des eingebauten DCD-Testmusters.
Der IC wurde in Zusammenarbeit mit der Universität Bonn entwickelt, Design und Layout wurden von T. Hemperek und H. Krüger durchgeführt, mit Unterstützung von MPG HLL. Der IC wurde in TSMC 65 nm Technologie hergestellt und hat eine Gesamtgröße von 3,2 x 5 cm2. Der Onboard-Datenpufferspeicher von ~ 1,57 MB ist ausreichend für die Pufferung. Der Chip ist für Bump-Bonding für maximale Integrationsdichte ausgelegt. Kürzlich wurden die ersten Exemplare aufgebaut und getestet. Alle relevanten Peripherieschnittstellen wurden getestet und funktionieren gemäß den Spezifikationen, einschließlich der Erfassung der DCD-Daten, die mit der eingebauten Testmusterfunktion des DCD überprüft wurden. Zurzeit werden die ersten Hybride zusammen mit einem kleinflächigen Testsensor für den Test vorbereitet. Mit diesen kleinen Modulen wird eine Framerate von 320 kHz bei einer Burstgröße von 192 Frames erreichbar sein. Vollständige Module, die mit DMC 65 ausgestattet sind, werden in Kürze fertiggestellt sein.
“First light” für EDET Sensorprototypen am TEM
Erste Ergebnisse von neuartigen Elektronendetektoren für die TEM-Bildgebung
11/26/2020
Schattenbild einer Nadel in der Objektebene des TEM
Schattenbild einer Nadel in der Objektebene des TEM
EDET DH80K ist ein neuartiger Fokalebenensensor für die Bildgebung am Transmissionselektronen-mikroskop (TEM), der vom Halbleiterlabor zusammen mit dem Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie (MPSD) in Hamburg entwickelt wird. Das Instrument dient zum direkten Nachweis der Primärelektronen in der Fokalebene. Herausragend bei diesem System ist vor allem die für einen Sensor mit 1024 x 1024 Pixeln von jeweils 60 x 60 µm2 Fläche extrem hohe Bildrate von 80 kHz. Hierdurch wird mikroskopische Bildgebung mit bislang noch nicht realisierter Zeitauflösung von 13 µs ermöglicht. Außerdem kombiniert das System weitere innovative Technologien, um die Leistungsfähigkeit des Systems auch in anderen Aspekten zu steigern. So wurden u.A. die Sensoren auf abgedünntem SOI-Substrat gefertigt, um die Ortsauflösung zu verbessern, und die Pixel mit nichtlinearer Charakteristik ausgestattet, um den gesamten dynamischen Bereich des TEM abzudecken.
Nun wurde erstmals ein kleiner Sensorprototyp erfolgreich in die Fokalebene eines JEM 2100 TEM integriert und in Betrieb genommen. Der Sensor hatte eine Größe von 64 x 128 Pixeln und eine Substratdicke von (nur) 30 µm. Das Zusammenspiel des Sensors und der 200 keV Primärelektronenstrahlung des TEM konnte erstmalig demonstriert und vermessen werden. Außerdem wurden Untersuchungen zum dynamischen Bereich und zur Ortsauflösung durchgeführt. Diese erfolgreiche Messkampagne ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Inbetriebnahme des Gesamtsystems.
BELLE II LIEFERT ERSTE ERGEBNISSE
Auf der Suche nach dem Z'-Boson
04/07/2020
Vor fast genau einem Jahr startete das Belle-II-Experiment. Die renommierte Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht nun die ersten Ergebnisse des Detektors. Die Arbeit befasst sich mit einem neuen Teilchen im Zusammenhang mit dunkler Materie, die nach heutigem Kenntnisstand etwa 25 Prozent des Universums ausmacht.
Das Belle II-Experiment nimmt seit etwa einem Jahr Daten für physikalische Messungen auf. Sowohl der Elektron-Positron-Beschleuniger SuperKEKB als auch der Belle II-Detektor wurden über mehrere Jahre hinweg umgebaut, um eine 40-fach höhere Datenrate zu erreichen.
Wissenschaftler an zwölf Instituten in Deutschland sind maßgeblich an Bau und Betrieb des Detektors, der Entwicklung von Auswertealgorithmen und der Analyse der Daten beteiligt. Das Halbleiterlabor der Max-Planck-Gesellschaft war maßgeblich an der Neuentwicklung des hochempfindlichen innersten Detektors, des Pixel-Vertex-Detektors, beteiligt.
Mit Belle II suchen die Wissenschaftler nach Spuren neuer Physik, mit denen sich beispielsweise das ungleiche Vorkommen von Materie und Antimaterie oder die geheimnisvolle dunkle Materie erklären lassen. Eines der bisher unentdeckten Teilchen, nach denen der Belle II-Detektor sucht, ist das Z'-Boson - eine Variante des bereits nachgewiesenen Z-Bosons. Letzteres fungiert als Austauschteilchen für die schwache Wechselwirkung.
Soweit wir wissen, besteht das Universum zu etwa 25 Prozent aus dunkler Materie, während die sichtbare Materie nur knapp 5 Prozent des Energiehaushalts ausmacht. Beide Formen der Materie ziehen sich über die Schwerkraft gegenseitig an. Die dunkle Materie bildet eine Art Schablone für die Verteilung der sichtbaren Materie, die sich zum Beispiel in der Anordnung der Galaxien im Universum zeigt.
Bindeglied zwischen dunkler und normaler Materie
Das Z'-Boson könnte eine interessante Rolle bei der Wechselwirkung zwischen dunkler und normaler, sichtbarer Materie spielen, d.h. es könnte eine Art Vermittler zwischen den beiden Materieformen sein. Das Z'-Boson kann - zumindest theoretisch - durch die Kollision von Elektronen (Materie) und Positronen (Antimaterie) im SuperKEKB entstehen und dann in unsichtbare Teilchen der dunklen Materie zerfallen.
Das Z'-Boson kann also helfen, das Verhalten der dunklen Materie zu verstehen - und nicht nur das: Die Entdeckung des Z'-Bosons könnte auch andere Beobachtungen erklären, die nicht mit dem Standardmodell, der fundamentalen Theorie der Teilchenphysik, übereinstimmen.
Wichtiger Hinweis: Nachweis von Myonenpaaren
Aber wie kann das Z'-Boson im Belle II-Detektor nachgewiesen werden? Nicht direkt, das steht fest. Theoretische Modelle und Simulationsrechnungen sagen voraus, dass sich das Z'-Boson durch Wechselwirkungen mit Myonen, den schwereren Verwandten der Elektronen, offenbaren könnte: Wenn die Wissenschaftler nach den Elektron/Positron-Kollisionen eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Myonenpaaren mit entgegengesetzten Ladungen sowie unerwartete Abweichungen bei der Energie- und Impulserhaltung entdecken, wäre dies ein wichtiger Indikator für das Z".
Die neuen Belle-II-Daten zeigten jedoch noch keine Anzeichen für das Z'-Boson. Mit den neuen Daten können die Wissenschaftler jedoch die Masse und die Kopplungsstärken des Z'-Bosons mit einer noch nie dagewesenen Genauigkeit eingrenzen.
Mehr Daten, genauere Analysen
"Trotz der noch geringen Datenmenge können wir jetzt Messungen durchführen, die es bisher noch nicht gab", sagt der Sprecher der deutschen Gruppen, Prof. Thomas Kuhr von der LMU München. "Das unterstreicht die wichtige Rolle des Belle II-Experiments für die Erforschung der Elementarteilchen."
Die ersten Ergebnisse stammen aus der Analyse einer kleinen Menge von Daten, die SuperKEKB im Jahr 2018 aufgenommen hat. Belle II nahm am 25. März 2019 den Vollbetrieb auf. Seitdem sammelt das Experiment Daten, während die Kollisionsrate von Elektronen und Positronen kontinuierlich verbessert wird.
Wenn das Experiment perfekt eingestellt ist, wird es ein Vielfaches der Daten liefern, die in die bisher veröffentlichten Analysen eingeflossen sind. Die Physiker erhoffen sich neue Erkenntnisse über die Natur der dunklen Materie und andere offene Fragen.
Die deutschen Arbeitsgruppen des Belle II-Experiments werden durch folgende Institutionen und Programme gefördert:
Bundesministerium für Bildung und Forschung: Rahmenprogramm zur Erforschung von Universum und Materie (ErUM)
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder:
"ORIGINS": EXC-2094 - 390783311
"Quantenuniversum": EXC-2121 - 390833306
Europäischer Forschungsrat
Horizon 2020 der Europäischen Union - Finanzhilfevereinbarung Nr. 822070
Helmholtz-Gemeinschaft
Max-Planck-Gesellschaft
Veröffentlichung:
Suche nach einem unsichtbar zerfallenden Z'-Boson bei Belle II in e + e- ® m + m- (e + - m- +) + fehlende Energie-Endzustände
Die Belle II Kollaboration
Physical Review Letters; Band 124, 14; 10. April 2020